
Ein Anruf der zum Nachdenken anregt
Heute am Vormittag ruft mich eine verzweifelte Frau, deren Mutter sich derzeit in stationärer Pflege in einem Pflegeheim befindet an. Die schwerst pflegebedürftige Frau erlitt vor einigen Monaten einen Schlaganfall, seit diesem medizinischen Ereignis ist es der Frau nicht mehr möglich verbal zu kommunizieren. Früher, also vor der „Coronakrise“ wurde die Frau von ihren Kindern in sehr regelmäßigen Abständen in der Pflegeeinrichtung besucht. Beide Seiten haben die gemeinsame Zeit sehr genossen. Doch seit knapp 4 Wochen war es den Angehörigen nicht möglich mit ihrer Mutter in direktem Kontakt zu treten. Die Angehörigen rufen immer wieder verzweifelt im Pflegeheim an, bekommen jedoch nur die kappe Information, dass der medizinische Status unverändert sei. Doch die Tochter ist sich bewusst, dass sich ihre Mutter ohne den Kontakt zu ihren Angehörigen, Stück für Stück immer mehr „aufgibt“.
Schwierig für die Patientin die sich bestimmt sehr einsam und verlassen fühlt. Schwierig für die Angehörigen, die doch so gerne der geliebten Mutter beistehen und am letzten Weg ihres Lebens begleiten wollen. Und schwierig für die Pflegepersonen die gerade in dieser Ausnahmesituation noch mehr belastet sind.
Und dennoch ist es als professionelle Pflegeperson unsere Pflicht Menschen ganzheitlich zu begleiten. Nicht nur die Pflege des Körpers ist wichtig. Nein, auch die Pflege der Seele ist essenziell. Pflege ist so viel mehr als Körperpflege und Durchführung von medizinischen Tätigkeiten. Denn geht’s der Seele gut, geht es ganz eindeutig auch dem Körper besser. Daher ist es als Pflegeperson unsere Aufgabe alles daran zu setzen, um den so wichtigen Kontakt zu Angehörigen und Freunden auch gerade in dieser für uns alle herausfordernden Zeit zu ermöglichen. Wir leben in einer modernen Welt, in der uns viele technische Hilfsmittel dienen können, um den pflegebedürftigen Menschen diese Lebensqualität, zumindest ein bisschen, ermöglichen zu können. Sei es eine Sprachnachricht, eine selbstgezeichnete Zeichnung des Enkelkindes, ein Polster der nach „Daheim“ riecht oder ein Telefonat, vielleicht sogar mit Bild.
Gerade wenn der Körper immer schwächer wird und das Leben immer anstrengender, sind Angehörige und Freunde oft die einzige Motivation, um weiter zu kämpfen und nicht aufzugeben. Besonders die Menschen, die wir lieben, deren Stimme uns vertraut ist, wo oft ein Blick mehr sagt als tausend Worte, können unendlich Kraft geben, Schmerzen für kurze Zeit lindern und Lächeln ins Gesicht zaubern….
